Leseprobe 2:

Der Bergzwerg geht mit Martin in die Schule:

Das Auto von Frau Glubsch stand schon an seinem Platz, die meisten Kinder waren schon im Schulhaus und so liefen auch die vier schnurstracks in die Garderobe, legten ihre Jacken ab, schlüpften in die Hausschuhe und jagten die Stiege in die Klasse hinauf. Kaum waren sie auf ihren Plätzen, läutete es und Frau Glubsch trat in die Klasse. "Nach diesem ereignis- und lehrreichen Ausflug gestern wollen wir die heutige Stunde in Heimatkunde dazu benutzen, einige Dinge zu wiederholen und andere zu lernen, damit wir die Zeit besser verstehen, in der das Bergwerk seine Hochblüte erlebte. Also Kinder nehmt das Heimatkundeheft heraus!", sagte sie, sichtlich bemüht, Martin und Sebastian so wenig wie möglich anzuschauen. "He, die quetscht dich heute ja gar nicht!", krächzte die bekannte Stimme neben Martin. "War der tatsächlich mitgekommen!", fuhr Martin hoch. Doch als er sich umblickte, stellte er zu seiner Beruhigung fest, dass niemand außer ihm die Stimme gehört hatte. Doch wie sollte er sich da jetzt gleich entschuldigen. Wenn die Glubsch nicht von der Sache anfing, vielleicht wollte sie alles vergessen? Vielleicht war es ihr peinlich, dass sie nicht besser aufgepasst hatte? Er nahm das Heft heraus und begann abzuschreiben, was die Lehrerin an der Tafel vorschrieb: "Von der Arbeit unter Tage" "Will die jetzt erklären, wie es früher in einem Bergwerk zugegangen ist, jetzt, nachdem sie das erste Mal dort war? Ich heb's nicht. Die macht das glatt!", krächzte es wieder. Martin konnte sich nur schwer beherrschen, nicht zurückzureden, er legte seinen Stift weg und schaute seine Lehrerin interessiert an. Das konnte ja heiter werden! Frau Glubsch freute sich, dass sogar Martin einmal so aufmerksam zuhörte, und begann zu erzählen: "Also zuerst wollen wir die Ausrüstung der Bergknappen kennen lernen. Die wichtigsten Werkzeuge im Mittelalter waren das ‚Eisen'", und während sie das betont langsam aussprach, schrieb sie es links oben an die Tafel und fuhr dann fort: "und der ‚Schlägel'". Wieder schrieb sie das Wort auf, diesmal rechts oben. "Nun, wie schaut so ein Eisen aus, wozu diente es?", fuhr sie wieder zur Klasse gewandt mit lauter Stimme fort. "Ihr alle kennt diese Werkzeuge, nur werdet ihr sie gar nicht bewusst angeschaut haben. Sie finden sich zum Beispiel im Wappen unserer Stadt, ja in den Wappen aller Bergwerksstädte! Also das Eisen hat einen kleinen Holzstiel, an dem ein vorne spitzes und hinten flaches Metallstück befestigt ist, das der Bergknappe wie ein Stemmeisen benutzt!" Während sie das erklärte, drehte sie sich wieder zur Tafel und begann unter dem Wort ‚Eisen' zu zeichnen. "Stemmeisen!", krächzte es. "Die Frau hat eine Ahnung! Stemmeisen sind gut zum Schnitzen von Holz, aber nicht für harten Granit. Erzählt die immer so einen Schwachsinn?" Martin musste grinsen. Keiner in der Klasse bemerkte das jedoch, denn alle waren damit beschäftigt, das Eisen abzumalen. "Und jetzt der Schlägel", sagte Frau Glubsch. "Mit dem Schlägel schlugen die Bergknappen auf das Eisen, wenn sie Erz abbauten. Wie so ein Schlägel aussieht, wisst ihr ja, so etwas gibt es ja auch noch heute in jedem Haushalt. Trotzdem will ich ihn auch noch aufzeichnen." Wieder drehte sie sich zur Tafel und begann mit der Kreide zu malen. Zuerst den eisernen Schlägelkopf, dann den hölzernen Stiel. Als sie eine gerade Linie für den Stiel machen wollte, rutschte plötzlich die Tafel nach oben und der Stiel wurde ganz krumm. Die Kinder lachten. "Hoppala!", rief Frau Glubsch. "So soll das natürlich nicht sein!", und sie wischte mit dem Tafeltuch den Krummstiel weg und versuchte es erneut. Wieder rutschte die Tafel hoch und dazu hörte Martin die Stimme: "Natürlich soll das so sein. Der Schlägelstiel war meistens gebogen. Was weiß denn die! Ich hab's ja gleich geahnt!"